Um was es hier geht und wer hier lesen sollte
In diesem Blog-Eintrag möchte ich über meine Erfahrungen mit dem LAOWA RF 15/2 berichten.
Wichtig dabei: Es ist ein Praxis-Bericht, ein Erzählen aus meiner Arbeit und von meinen Erfahrungen im Umgang mit diesem Objektiv. Es ist kein Test-Bericht. Wer Blenden-Reihen mit 100% Crops von Backsteinwänden und ähnliches erwartet, wird hier nicht fündig und sollte eher in einschlägigen Foren weiter suchen oder auf den dazu am Ende des Beitrags verlinkten Reviews weiter lesen. Allen anderen erzähle ich im folgenden gerne, was mir am LAOWA RF 15/2 D-Dreamer gut gefällt, was mir weniger gut gefällt und wie ich das Objektiv einsetze.

Auf der Suche nach einem Objektiv für Nachtaufnahmen

Mein Weg zum LAOWA RF 15/2 begann mit der Suche nach einem möglichst lichtstarken Weitwinkel-Objektiv für die Fotografie von Sternen. Aber wieso überhaupt noch lichtstarke Objektive, wenn die Kameras doch immer besser werden?

Eigentlich leben wir als Landschaftsfotografen in einer ziemlich geilen Zeit, was Fotografie bei wenig Licht angeht. Die Kameras werden mit jeder Sensor-Generation besser und rauschärmer und man kann mittlerweile bedenkenlos zu ISO-Werten greifen kann, die vor ein paar Jahren noch “Ausschuss” bedeutet hätten. Bilder, die mit aktuellen Modellen bei ISO6400 gemacht werden, zeigen ein Rauschverhalten, das man vor nicht all zu langer Zeit noch bei ISO1600 als Stand der Technik akzeptiert hatte. Das macht nicht nur das Fotografenleben leichter, es stellt auch die Frage in den Raum, ob man denn überhaupt noch lichtstarke Objektive haben sollte, wenn man in den Grenzbereichen des Lichts unterwegs ist, wie beispielsweise bei Nachtaufnahmen von Landschaften unter Sternenhimmel.

Ich habe für mich diese Frage mit einem klaren “Ja!” beantwortet, denn bei allem technischen Fortschritt, was die High-ISO Fähigkeiten angeht, bleibt es so, dass auch die mittleren und moderat hohen ISO-Stufen von den Verbesserungen in der Sensortechnologie profitieren. Es gilt also nach wie vor: Je niedriger die ISO, um so besser die Bildqualität. Damit führt für mich der erste Weg zu optimaler Bildqualität immer noch über die Regel “So hoch wie notwendig und so niedrig, wie möglich” was die ISO angeht.

Über einen kurzen Umweg bei Samyang (die Serienstreuung des 14er war für mich selbst in der XP-Reihe (14/2.4)  nicht akzeptabel), bin ich schließlich bei LAOWA gelandet.

Das LAOWA RF 15/2 im Nebelwald von Madeira

Bauweise

15mm Brennweite mit einer Lichtstärke von 2.0 sind für sich betrachtet schon respektabel. Normalerweise erwartet man hier irgendwelche unhandliche Glasklumpen, mit einer gewölbten Frontlinse, die an den Fensterdome eines Tauchboot erinnert und jede zaghafte Frage nach einem Filtergewinde in einem Augenrollen, gefolgt von sarkastischem Lachen enden lässt. LAOWA ist da irgendwie anders. Es scheint fast, als gelten für LAOWA andere Regeln beim Objektivdesign. Diesen Eindruck konnte man in der Vergangenheit immer wieder gewinnen, wenn man die LAOWA Optiken mit denen anderer Hersteller verglich. Vor allem die Unterschiede in der Baumform fallen hier sofort auf.  Das RF 15/2 setzt diese unkonventionelle Bauweise fort. Es ist sehr kompakt und verfügt über eine nur wenig gewölbte Frontlinse. Dadurch wird es möglich, dass es ein ein 72mm Filtergewinde bietet, welche alle handelsüblichen Filter und Adapter akzeptiert. Zu der kompakten Bauweise trägt sicher auch der Umstand bei, dass es sich bei dem Laowa 15/2 um ein rein mechanisches Objektiv handelt. Autofokusantrieb und elektronische Blendensteuerung hätten sicher noch einmal Platz im Gehäuse gekostet. Entsprechend ist das Bajonett eine rein mechanische Kopplung an die Kamera, ohne Kontakte und AF-Confirm.

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Tipp: Kameraeinstellung "Auslösen ohne Objektiv"

Problem: Die Kamera löst mit einem bestimmten Objektiv nicht aus.
Ursache: Die Canon Kameras sind im Auslieferungszustand so eingestellt, dass sie nur dann Auslösen, wenn ein Objektiv an der Kamera erkannt wird. Diese Erkennung basiert darauf, dass die Kamera über die Kontakte im Bajonett mit dem Objektiv Daten austauschen kann. Bei rein mechanisch adaptierten Objektiven, erkennbar am Bajonett ohne Kontakte bzw. der Blendenanzeige "00" im Display, geht die Kamera davon aus, dass kein Objektiv an der Kamera sitzt und gibt den Auslöser nicht frei!
Abhilfe: Im Menu [Einstellungen] gibt es den Punkt "Auslösen ohne Objektiv". Diesen Punkt auf "On" stellen und die Kamera wird auch mit rein mechanisch adaptierten Objektiven auslösen.

Keine EXIF-Daten in den Aufnahmen

Hier sind wir bei einem Punkt, der mich ein wenig stört: Ich verwalte meine Fotos in Lightroom und habe gerne alle EXIF-Infos komplett. Also auch den Objektivnamen, die Brennweite und vor allem die verwendete Blende.

Leider fehlen, bedingt durch die rein mechanische Kopplung alle objektivspezifischen Angaben in den Exifdaten. An dieser Stelle behelfe ich mir mit dem Tool MetaImage und ergänze die Bilder nachträglich um die fehlenden EXIF-Daten.

Tipp: Ergänzung von Exif-Daten mit MetaImage

Unter Mac OS bietet das Tool MetaImage eine ebenso mächtige und wie komfortable Möglichkeit fehlende EXIF-Daten in Aufnahmen zu ergänzen oder bestehende EXIF-Daten zu ändern. Das Tool ist mittlerweile fester Bestandteil meines Workflows geworden. In Kürze werde ich MetaImage in einem eigenen Blog-Beitrag näher vorstellen.

Verarbeitung

Die Verarbeitung des Objektivs ist gut, es fühlt sich wertig und solide an. Die Fokusverstellung läuft mit angenehm definierten Widerstand und erlaubt eine sehr präzise Fokussierung. Die Unendlich-Position befindet sich bei meinem Exemplar kurz vor dem Anschlag des Fokusrings. Die Möglichkeit, selbst den Unendlich-Anschlag festzulegen (wie das bspw. IRIX bietet), würde ich hier begrüßen. Die Blende rastet mit einem gut hörbaren “Klick” in halben Schritten und ist in ganzen Schritten beschriftet. Wer mag, kann mit einem Schalter die Blendenrastung ausschalten, dann ist die Blendenverstellung stufenlos und geräuschlos dazu.

Lieferumfang

Zum Lieferumfang des Objektivs gehört, neben Front- und Rückdeckel, auch eine tulpenförmige Streulichtblende, die sich abnehmen lässt. Da ich mit dem Objektiv hauptsächlich nachts oder zu den Tagesrandzeiten arbeite und oft ein Steckfiltersystem nutze, habe ich beschlossen, die Streulichtblende permanent zu Hause zu lassen.

Sterne

Meine Motivation für den Kauf des Objektivs war die Fotografie von Landschaften mit Sternenhimmel und, um es kurz zu machen, das funktioniert für mich perfekt mit dem LAOWA RF 15/2 an der EOS R. Die große Offenblende von 2.0 ist ein Segen, was die Lichtausbeute angeht und hilft mir dabei, die ISO an der Kamera möglichst niedrig zu halten. Bereits bei Offenblende finde ich die Abbildungsleistung sehr gut. Coma tritt nur wenig auf und ist in dem Umfang akzeptabel für mich. Die Tiefenschärfe bei Offenblende ist dabei so gering, dass man je nach Motiv schon genau überlegen muss, ob man wirklich mit Offenblende arbeiten will oder doch besser eine halbe Stufe auf Blende 2.4 abblenden sollte. Letzteres kommt dann zusätzlich auch noch der Reduzierung von Abbildungsfehlern entgegen. Ich arbeite bei diesen Motiven, so oft es geht, mit Offenblende.

Milchstraße bei Neumond am Pico Ruivo, Madeira
EOS R, LAOWA RF15/2,15s. bei f/2.0 und ISO6400

Milchstraße am Col du Wormspel, Frankreich
EOS R, LAOWA RF15/2 15s. bei f/2.0 und ISO3200

Sternenhimmel über der Nebeldecke bei (fast) Vollmond, Wegelnburg
EOS R, LAOWA RF15/2, 15s. bei f/2.4 und ISO800

Landschaften

Landschaftsaufnahmen bilden den größten Teil meiner Motivwelt. Hier bin ich mit dem Canon RF 14-35 F/4L eigentlich bestens aufgestellt, was den Weitwinkelbereich angeht. Trotzdem war ich natürlich neugierig, wie sich das LAOWA RF15/2 in diesem Bereich zeigt, auch wenn die große Offenblende hier keine Rolle für mich spielt.

Filtertauglichkeit

Dafür werden andere Punkte wichtig, wie bspw. die Möglichkeit Filter nutzen zu können. Und das geht mit dem LAOWA RF15/2 sehr gut. Über das 72mm Filtergewinde kann ich meinen Haida M10 Halter adaptieren und der Funktioniert auch am LAOWA RF15/2 perfekt und ohne störende Vignettierung.

Über das 72mm Filtergewinde lassen sich, neben Schraubfiltern, auch Steckfilterhalter aus dem 100mm System anschließen.

Verzeichnung

Das LAOWA RF15/2 trägt den Zusatz “Zero-D” im Namen als Hinweis auf die praktisch verzeichnungsfreie Korrektur (“Zero Distortion”) des Objektivs. Besonders interessant ist das für Architekturfotografie oder andere Motive, in denen gerade Linien vorherrschend sind. Aber auch in der Landschaftsfotografie gibt es Situationen, in denen eine verzeichnungsfreie Abbildung gerne genommen wird: Bei einer ebenen Horizontlinie, wie wir sie beispielsweise am Meer oder über einer gelichmäßigen Nebeldecke vorfinden, kann eine (im schlimmsten Fall wellenförmige) Verzeichnung zu einem erheblichen Korrekturaufwand in der Nachbearbeitung führen. Hier ist das LAOWA RF15/2 tatsächlich eine Klasse für sich. Die Horizontlinie ist wie mit dem Lineal gezogen, das habe ich noch bei keinem anderen Weitwinkelobjektiv in dieser Form erlebt. Landschaftsfotografen begrüßen dies, Architekturfotografen dürften dabei wohl Freudentränen in den Augen haben.

Sonnenuntergang am Praia do Magoito, Portugal.
Dank Zero-D ohne nachträgliche Korrektur eine Horizontlinie wie mit dem Lineal gezogen.
EOS R, LAOWA RF 15/2, 1/20s. bei f/8.0 und IS0160. Haida M10-Halter mit 0.9 Reverse ND

Gegenlichtverhalten

Eine weitere Abbildungscharakteristik, die mir wichtig ist bei Objektiven, die ich für die Landschaftsfotografie nutze, ist der Blendenstern. Ich habe diesen Effekt gerne in meinen Bildern bei Gegenlichtsituationen. Als technische Basis für einen Blendenstern bringt das LAOWA RF 15/2 eine Blende mit 5 Lamellen mit, was zu einem Blendenstern mit 10 Zacken führt.

Im Vergleich zum Canon RF14-35 F/4L, das erst bei weit geschlossener Blenden einen deutlichen Stern zeigt, setzt beim LAOWA RF15/2 der Blendenstern schon recht früh ein. Bereits bei Blende 11 ist ein Stern deutlich erkennbar, es fehlt ihm aber an Definition und die Strahlen neigen zu einer Doppelkontur. Ab Blende 16 ist der Stern sehr sauber definiert und sieht, für mein Empfinden, sehr ansprechend aus.

Ein Blendenstern bedeutet aber auch immer, die Lichtquelle direkt im Bild zu haben. An dieser Stelle kommen wir zu einen Punkt, der mir am LAOWA RF15/2, insbesondere im Vergleich zum Canon RF14-35 F/4L, weniger gut gefällt: Es ist das Verhalten bzgl. Reflexen im Gegenlicht. Hier neigt das LAOWA gerne zu kleinen, regenbogenfarbigen Spots in der Nähe der Lichtquelle, die sich nicht immer ohne weiteres in der Nachbearbeitung entfernen lassen. Wenn man das aber weiß und bei der Aufnahme darauf achtet, kann man das oft durch eine minimale Korrektur der Kameraausrichtung vermeiden. Trotzdem, das Niveau der in diesem Bereich sehr guten Canon Objektive, erreicht das LAOWA nicht. Ich muss hier deutlich mehr aufpassen und korrigieren.

Wintermorgen in den Vogesen. Der Sonnenstern des LAOWA RF 15/2 weiß zu gefallen.
EOS R, LAOWA RF 15/2, 1/20s bei f/22 und ISO 160

Pflanzen

Pflanzen nur als Teil eines Bildes zu zeigen und dadurch das Umfeld im Bild mit anzudeuten, finde ich oft spannender und ästhetisch ansprechender, als eine möglichst formatfüllende und isolierte Darstellung der Pflanze.

Das LAOWA 15/2 hat eine fast schon irrwitzig geringe Naheinstellgrenze von nur 15cm. Wohlgemerkt bezieht sich die Naheinstellgrenze auf den Abstand zwischen der Sensor-Ebene und dem Motiv. Dazwischen befindet sich noch der Teil der Kamera, der vor der Sensorebene liegt, sowie das Objektiv selbst. Ab der Frontlinse beträgt der Abstand also nur noch wenige cm. Das gibt vielleicht eine Vorstellung davon, wie nah man mit dem LAOWA 15/2 tatsächlich an das Motiv heran kann. Der maximale Abbildungsmaßstab, den man mit dem LAOWA 15/2 erreichen kann, beträgt dabei 1:4 und damit taugt das Objektiv fast schon als Weitwinkel-Makro.

Neben der geringen Naheinstellgrenze, kommen beim LAOWA 15/2 noch zwei Faktoren hinzu, die in Summe eine Bildsprache ergeben, die man sonst kaum findet. So bietet die kurze Brennweite von 15mm ungewöhnliche Perspektiven für Pflanzenaufnahmen, während die Offenblende von 2.0 für eine gute Freistellung sorgt und den Hintergrund in einem angenehm weichen Bokeh aufgehen lässt, ohne ihn jedoch bis zur Unkenntlichkeit zu abstrahieren. Durch seine Bildsprache ergänzt das LAOWA 15/2 mein Objektivsortiment für Pflanzenfotografie perfekt.

Waldprimel nach Sonnenuntergang.
EOS R, LAOWA RF 15/2, 1/160s. bei f/2.0 und ISO160.

Bärlauch im ersten Tageslicht.
EOS R, LAOWA RF 15/2, 1/160s. bei f/2.0 und ISO160

Fazit

Am Anfang stand die Frage nach einem Objektiv für die Landschaftsfotografie mit Sternenhimmel. Am Ende habe ich ein Objektiv gefunden, mit dem ich auch darüber hinaus sehr viel in anderen Motivgebieten arbeite, darunter auch in einem, das ich ursprünglich gar nicht mit diesem Objektiv in Verbindung gebracht habe.

Das LAOWA RF 15/2 ist eines der Objektive, bei denen sich bei mir das höchst subjektive Gefühl “Angekommen! Alles richtig gemacht!” eingestellt hat. Ich habe ein Objektiv gefunden, mit dem ich nicht nur einige meiner Bildideen umsetzen kann, sondern auch eines, das mich auf neue Bildideen bringt. Was will ich mehr!

Weitere Informationen: Alle Links auf einen Blick

Zum Abschluss habe ich hier ergänzende Links im Kontext dieses Beitrags zusammengefasst:

Alle Links sind keine Affiliate Links! Ich verdiene mein Geld nicht dadurch, dass ich meine Leser zu Händlern weiterleite. Das LAOWA RF 15/2 habe ich im deutschen Fachhandel regulär erworben. Entsprechend unbeeinflusst habe ich meine Eindrücke geschildert.

Danke fürs Lesen! Ihr nutzt selbst das LAOWA RF 15/2 oder habt weitere Fragen und Anregungen? Lasst mir gerne einen Kommentar da!